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Aus dem ÖNB:
Teil 5: Themenbereich Frieden

Der Arbeitskreis Evangelische Erneuerung (AEE) hat den folgenden Antrag an die Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern gestellt mit dem Ziel, Schritte einzuleiten, zu einer Friedenskirche zu werden.
Das Ökumenische Netz Bayern schließt sich diesem Aufruf an:

Den Drachen an der Leine führen

Erklärung der Mitgliederversammlung des Arbeitskreises Evangelische Erneuerung (AEE) zum Friedensauftrag der Kirche

1 Abschied von der These, dass es Kriege gebe, die gerechtfertigt sind
1.1 »Die weltweite christliche Ökumene lehnt gemeinschaftlich den Krieg als Institution und die Rechtfertigung des Krieges ab.«
1.2 Unsere Kirchen in Deutschland tun sich jedoch schwer mit einer entsprechend eindeutigen Option: Mit Berufung auf äußerste Grenzfälle (lateinisches Stichwort »ultima ratio« = letzte Möglichkeit, letzter Ausweg), wird zwar die Anwendung gewaltfreier Mittel als »vorrangige Option« gefordert, der Einsatz militärischer Gewalt aber bedingt gerechtfertigt. So lange daran festgehalten wird, darf mit einer Fortentwicklung zur unbedingten Ablehnung des Kriegs als äußerster Option nicht gerechnet werden.
1.3 Wenn ein scheinbar gerechtfertigter Krieg erst einmal ausgebrochen ist, gerät er außer Kontrolle und wird nicht mehr gerecht geführt werden können. Verlauf und Resultate der jüngsten Kriege in Afghanistan, Kosovo, Irak, Libyen und Syrien lassen das Postulat, letzte vernünftige Handlungsmöglichkeit (ultima ratio) gewesen zu sein, absurd erscheinen.
1.4 Kirche muss die Bezeichnung und Idee der »ultima ratio« erst recht in Frage stellen, solange im Staat, um Krieg führen zu können, das Tausendfache dessen ausgegeben wird, was für präventive, zivile und gewaltfreie Konfliktbearbeitung bereit steht.
1.5 Für Christen kann der Begriff »ultima ratio« auch aus theologischen Gründen nicht gelten, sofern er nicht die letzte Zuflucht bei Gott meint, sondern die Zuflucht zu Gewaltanwendung.
1.6 Krieg kann keine Möglichkeit mehr sein, auch keine letzte (ultima ratio).

2 Ein Bild
2.1 Auf einem Seitenaltar der Nürnberger Lorenzkirche ist die Heilige Martha mit einem mächtigen Drachen abgebildet. Der will gerade einen Menschen - ein Kind? - verschlingen. Martha weist das Monster mit der Rechten zurecht, mit der sie es zugleich an der Leine führt. In der Linken hält sie zwischen sich und dem Drachen einen Kreuzstab. Marthas Gesichtsausdruck ist entspannt, doch ihre Augen halten den Blick des Ungeheuers fest. Der Drache zeigt gehorsamen Respekt. So rettet Martha das Kind.
2.2 Dieses Bild und die dazu gehörige Legende sollen inspirieren, über das Verhältnis von Christinnen und Christen und ihren Kirchen zur Bedrohung durch Gewalt und Krieg neu nachzudenken.
2.3 Dieses Bild weist zeichenhaft einen Weg des Friedens: Mit Gewalt ist dem Monster der Gewalt nicht beizukommen. Es muss an der Seite des Menschen gezähmt werden. Damit steht die hier vermittelte Botschaft im klaren Gegensatz zum viel populäreren Bild von Georg, dem Drachentöter.

3 Grundlage in Schrift und Bekenntnis
3.1 Jesus lehnt Gewalt ab.
3.2 Darin folgt er den Propheten des Alten Testaments und ausdrücklich nicht der Tradition der Messiaserwartung.
3.3 Für die Christenheit der ersten Jahrhunderte kam eine Beteiligung an Kriegen nicht in Frage.
3.4 Seit dem konstantinischen Zeitalter lebt die Christenheit im Widerstreit zwischen unbedingter Nachfolge Jesu und staatstragenden Aufgaben.
3.5 Heute müssen die Kirchen mit allen ihren Kräften zur alleinigen Option für gewaltfreie Konfliktlösungsarbeit in der Nachfolge Jesu zurückkommen und darin ihre Aufgabe dem Staat gegenüber wahrnehmen.

4 Reich Gottes als Alternative zum Reich der Welt
4.1 Jesus hat nicht nur auf das kommende Reich Gottes verwiesen, sondern es in seiner Person vergegenwärtigt.
4.2 Daran haben die Kirchen und Christinnen und Christen auch heute vielfachen und heilsamen Anteil.
4.3 Das gilt auch für die Beispiele gelungener gewaltfreier Konfliktbewältigung, Friedens- und Versöhnungsarbeit.
4.4 Die Kirchen können dabei auf segensreiche Erfahrungen in ihrer Geschichte zurückgreifen und sollen diese mit Leben füllen.

5 Den Frieden denken und danach handeln, statt auf Sicherheit zu setzen
5.1 Wer vor allem auf Sicherheit setzt, fördert die Dynamik von Angst, Selbstschutz, Abwehr und Abschreckung. So wird im nicht vertrauten Gegenüber vor allem der potentielle Feind wahrgenommen. Darum muss der Friede angeblich wehrhaft verteidigt werden durch die Androhung von Gewaltanwendung und durch die Demonstration von Macht und Stärke.
5.2 Kirche hat die Aufgabe, Frieden zu schaffen. Sie setzt auf den Abbau von Ängsten, auf Vertrauensbildung, Mediation, Entwicklungshilfe, Zusammenwirken zum beiderseitigen Vorteil. Gemeinwohl geht vor Eigennutz.
5.3 Kirche hat die Aufgabe, Bedrohungen des Friedens vorzubeugen und frühzeitig zu handeln, nicht aber erst einzugreifen, wenn ein Konflikt schon eskaliert ist. Sie muss sich dafür einsetzen, dass Bedingungen entstehen und zusammen wirken, die den Frieden ermöglichen: Freiheit, Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung.

6 Bekenntnis zur radikalen Begrenzung von Gewaltanwendung
6.1 In unserer Welt wird wahrscheinlich eine latente Bereitschaft bestehen bleiben, Konflikte gewaltsam auszutragen und Eigeninteressen gewaltsam durchzusetzen.
6.2 Es braucht daher Mittel und Methoden, um den Ausbruch von Gewalt zu unterbinden, wenn vorbeugende Intervention nicht greift.
6.3 Kirche soll Bestrebungen fordern und fördern, eine überstaatliche, internationale und von Einzelstaaten unabhängige Polizei (z. B.) im Rahmen der Vereinten Nationen aufzubauen. Diese soll streitende Parteien auseinander halten können und mit Mitteln der gewaltfreien Konfliktbearbeitung Frieden fördern und Versöhnungs- und Aufbauarbeit leisten können.
6.4 Kirche muss sich eindeutig für die Minimierung der Rüstungsproduktion und für den Stopp von Rüstungsexporten engagieren.
6.5 Kirche muss Bestrebungen stützen, dass die Rüstungsindustrie umrüstet auf Produkte zur friedfertigen Aufbauarbeit.

7 Kirche als Hort der Erziehung und Bildung zum Frieden
7.1 Die biblische Botschaft vom Frieden bei den Menschen, den Gott zuspricht und Jesus lebt und verheißt, verstehen Christinnen und Christen als Auftrag, vertrauensvoll und mutig zu handeln.
7.2 Kirchen haben einen großen Erfahrungsschatz an Wirken, das dem Leben dient, Gemeinschaft fördert und Frieden stiftet.
7.3 Kirchen wissen, dass für Frieden und Versöhnung auch die Einsicht in eigene Verirrungen notwendig ist und die Abkehr von schuldhaftem Versagen.
7.4 Kirchen und Kirchenbünde wie der LWB und die KEK sollen diese Begabungen umfassend und systematisch nützen, um ein Hort der Erziehung und Bildung zum Frieden und zur Konfliktprävention zu werden. Dies schließt die Kooperation und den Austausch mit anderen Konfessionen und Religionen ein.

8 Kontinuität und doch tiefgreifender Wandel
8.1 Die christliche Botschaft von Buße und Umkehr ist eng verknüpft mit der Erkenntnis, dass niemand sich selbst befreien kann von der Macht des Bösen. Nach Luther muss das ganze Leben als Buße begriffen werden, als die beständige Abkehr von Verirrung und die andauernde Überwindung des Bösen.
8.2 Paulus spitzt die Jesusbotschaft zu in den Worten: »Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem«.
8.3 Das Böse, das jeden Frieden gefährdet, kann nicht ein für alle Mal abgeschafft werden, sondern es steckt in jedem Menschen selbst. Wer das Böse bei anderen zu vernichten sucht, wird es dadurch in vielfacher Weise neu heraufbeschwören.
8.4 Das Böse kann nur gezähmt werden, indem es mit höchster Wachsamkeit unter Kontrolle gehalten und so daran gehindert wird, seine verheerende Macht zu entfalten und zu potenzieren.
8.5 Das Prinzip der Gewaltlosigkeit gerät nicht an seine Grenzen, wo es unter Menschen nicht vollkommen gewahrt werden kann. Es bedarf allgemein anerkannter Regeln, die der Grundlage treu bleiben: Prävention, Mediation, gemeinsame Perspektiven entfalten, Versöhnung fördern, Zukunft vorbereiten und gestalten.
8.6 Kirche hat die Aufgabe, diesen Wandel im Bewusstsein der Gesellschaft beharrlich zu lehren und einzufordern.
8.7 Kirche muss nach Kräften diesen Wandel mitgestalten.

Der Arbeitskreis Evangelische Erneuerung in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern fordert die Synode und die anderen Organe der Kirchenleitung auf, in einer Themensynode diese Anliegen und Erkenntnisse aufzunehmen und sich in der Frage der Verkündigung und Praxis des Friedens in unserer Gesellschaft klar zu positionieren.

Der AEE versteht seine Stellungnahme als Ergänzung, aber auch Fortschreibung seiner Erklärung vom 13. Dezember 1997 »Auf dem Weg zu einem gerechten Frieden«.
Der AEE begrüßt ausdrücklich den Diskussionsbeitrag der Evangelischen Landeskirche in Baden vom Dezember 2013 »Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens«.
Der AEE unterstützt die Forderungen des Initiativkreises Frieden vom 4. April 2016 »Unsere Anliegen«.

Die Mitgliederversammlung des Arbeitskreises Evangelische Erneuerung Nürnberg, 5. November 2016


Krieg im Jemen: schlimme humanitäre Krise

Die Menschen im Jemen leiden unter einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt. Der seit März 2015 andauernde Konflikt zwischen Huthi-Rebellen und der von Saudi-Arabien geführten Koalition belastet das ärmste Land des Nahen Ostens stark. Mit jedem Monat kriegerischer Auseinandersetzungen verschlechtert sich die Situation für die Bevölkerung.

Häufige Luftangriffe, von den Konfliktparteien eingerichtete Embargos und die steigenden Lebensmittelpreise treffen die Bevölkerung besonders hart. Hunderttausende Menschenleben sind gefährdet: Vier von fünf Jemeniten sind auf humanitäre Hilfe angewiesen, mehr als drei Millionen Menschen sind im eigenen Land auf der Flucht.

Aktion gegen den Hunger ist mit mobilen Gesundheitsteams im Einsatz, um Mangelernährung auch in abgelegenen Regionen des Landes zu behandeln. Es wird geschätzt, dass etwa 370.000 Kinder unter fünf Jahren an lebensbedrohlicher akuter Mangelernährung leiden.

Evangelischer Kirchentag 2017

Siehst Du uns?
Die Generalsekretärin des Evangelischen Kirchentags 2017, Frau Ellen Überschär hat mitgeteilt, dass dieser Kirchentag unter das Motto gestellt ist: »Du siehst mich«

Das klingt sehr gut und kann motivierend wirken, es gibt aber Anlass zu einer Anfrage und zu einem bibelbezogenen Kommentar.

Die Anfrage bezieht sich auf die Fähigkeit des Kirchentags mich und uns zu sehen. Der letzte Kirchentag in Stuttgart hatte das Friedensthema ausgeklammert und außerhalb der Programme des Kirchentags behandeln lassen. Es war wohl zu kontrovers für die Veranstalter.

Über Frieden spricht man nicht in Deutschland, man hat ihn. Dabei wissen wir doch, dass die Kriege in Afghanistan, im Irak, in Syrien und in Libyen gerade uns in Deutschland betreffen. Die Flüchtlinge aus diesen Ländern kommen gerne zu uns, sie erinnern uns an die Tragödien des Krieges bei ihnen.

Und ganz nahe bei uns: der Kleinkrieg in der Ukraine, im Donbass bedroht auch den Frieden in Europa, in Deutschland.

Die Frage ist also, ob der Kirchentag 2017 das Thema Frieden »sieht«, ob er ihm den Platz einräumen wird, den dieses Thema in unserem Leben und Überleben hat. Die Antworten wären sehr unterschiedlich. Von Frau von der Leyen bis zu Klaus Naumann gibt es die eine Antwort: noch mehr Waffen und deutsche Bereitschaft sie einzusetzen. Und es gibt die andere Antwort: Konfliktlösungen ohne Waffen – der Zivile Friedensdienst ZFD, das Zentrum für internationale Friedenseinsätze ZIF stehen für diesen Weg und eine Vielzahl kirchlicher und zivilgesellschaftlicher Organisationen treten für diesen Weg ein. Können wir darauf vertrauen, dass der Kirchentag 2017 diesem Thema einen Platz in der ersten Reihe der Veranstaltungen einräumen wird?

Zu dem Motto des Kirchentags: »Du siehst mich« wird in der Ankündigung des Kirchentags gesagt: »Du siehst mich« sagt die Sklavin Hagar auf der Flucht im 1. Buch Mose zu ihrem Gott, der mit ihr ist auf ihrem Weg.

Dies gibt nun wirklich Anlass zu einem Kommentar, denn der Kirchentag bezieht sich damit auf einen allzu kurz und damit unzutreffend identifizierten Menschen, der diese wichtigen Worte sprach.

Die Frau, die im ersten Buch Mose so verkürzt gekennzeichnet ist, war doch nicht eine beliebige Sklavin auf der Flucht. Hagar war von der noch kinderlosen Sara ausersehen für Abraham, ein Kind, einen Sohn zur Welt zu bringen. Sie war eine Zweitfrau und ihr beginnender Hochmut gegenüber Sara war für diese ein Anlass sie in die Wüste zu schicken.

Hier, in der Wüste, wusste Hagar, dass der Gott Abrahams (den sie auch zu ihrem Gott gemacht hatte) sie in ihrer Not sieht. Sie ist dann zu Abraham und Sara zurückgekehrt und hat sich in ihre Rolle einer Helferin zurückbegeben. Sie war nach der Geburt von Ismael, des ersten Sohnes von Abraham, in einer besonderen Position und erst danach wird auch Sara schwanger und gebiert Isaak.

Der zweitrangige erste Sohn erhält kein Erstgeburtsrecht. Er und seine Söhne waren klar gekennzeichnet - und in der Thora (1. Buch Mose) sind nicht nur freundliche Bemerkungen über ihre Eigenschaften zu lesen.

Sollte der Kirchentag nicht vielleicht doch bedenken und in den Vordergrund stellen, dass hier nicht eine »Sklavin« gesprochen hatte, sondern dass ein sozialer Konflikt erster Ordnung die später zum zweiten Mal in die Wüste vertriebene Hagar durch die Gnade Gottes zur Mutter eines großen Volkes machte, wie wir ebenfalls aus dem 1. Buch Mose, aus dem 21. Kapitel wissen. Dort wird zweimal (Verse 13 und 18) angekündigt, dass der Sohn der Magd zum Volk/zum großen Volk gemacht werde. Erst auf die Forderung Sarahs verabschiedet Abraham Hagar und Ismael endgültig. Im Koran wird vor allem in der 2. Sure und der 14. Sure Abraham erwähnt und sein Verhältnis zu Hagar angesprochen. Ismael ist als der Urvater der Araber und damit der Moslems klar gekennzeichnet. Von daher wissen wir, dass Hagar sich mit ihrem Sohn bis nach Mekka begeben hatte und dass ihr Sohn Ismael zum Stammvater der Araber wurde, auf den sich Mohammed mit Bezug auf die Thora, auf das 1. Buch Mose bezieht.

Die Sklavin Hagar ist also niemand anderes als die Stammmutter des großen Volkes der Araber, die Stammmutter der Moslems und der Kirchentag hat uns mit diesem Motto dazu eingeladen, über unsere Beziehungen zu den Moslems nachzudenken.

Wir sollten also nicht so sehr über »eine Sklavin« nachdenken und deren Beziehung zu Gott, sondern wir sollten über die Mutter des ersten Sohnes von Abraham nachdenken, über ihren Glauben und ihre Beziehung zu unseren Schwestern und Brüdern des anderen, des muslimischen Glaubens.
Wolfram Rohde-Liebenau


Waffenexporte Deutschlands

Deutschland exportiert viel zu viele Waffen ins Ausland und kontrolliert dann noch nicht einmal genau, wie zuverlässig die Empfängerstaaten sind. So lautet der schwere Vorwurf der beiden großen christlichen Kirchen an die Bundesregierung.
(Der Bote, 13.12.2016)


Rüstungsexportbericht der Bundesregierung


25. Okt. 2016: Deutsche Konzerne verzehnfachen Erlöse bei Ausfuhr von Munition. Türkei und Saudi-Arabien unter wichtigsten Abnehmern

Das Morden mit deutschen Waffen beschert den Rüstungskonzernen wachsende Profite. Laut einem Bericht von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2016 Rüstungsexporte mit einem Gesamtwert von mehr als vier Milliarden Euro genehmigt. Das ist gut eine halbe Milliarde mehr als im entsprechenden Vorjahreszeitraum. Alleine das Volumen der Ausfuhr von Munition für Kleinwaffen wie Maschinenpistolen stieg demnach auf mehr als das Zehnfache von 27 auf rund 284 Millionen Euro. Damit werden weltweit in Kriegen die meisten Zivilisten getötet.

Größter Posten war laut Bericht eine Fregatte für Algerien für eine halbe Milliarde Euro. Damit führt das nordafrikanische Land die Liste an, direkt gefolgt von den USA. Zu einem der zehn wichtigsten Abnehmer deutschen Kriegsgeräts ist die Türkei aufgestiegen. Sie rückte seit 2014 von Rang 25 auf den achten Platz vor – zwischen Januar und Juni dieses Jahres kaufte sie deutschen Konzernen Kriegsgerät im Wert von 76,4 Millionen Euro ab. Zu zwei Dritteln handele es sich dabei um Teile und Triebwerke für Kampfflugzeuge, Drohnen und Bodenfahrzeuge.

Den siebten Platz belegten die Arabischen Emirate. Sie bescherten der deutschen Kriegswirtschaft einen Umsatz von 85 Millionen Euro, doppelt soviel wie im Vorjahr, und rückten damit von Rang 13 auf. Saudi-Arabien bleibt derweil an dritter Stelle. Der Gesamtwert der Lieferungen in das islamische Königreich kletterte binnen Jahresfrist auf 484 Millionen Euro, womit er sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdreifachte. Vor allem Kampfhubschrauber und -flugzeuge gingen an das saudi-arabische Regime, dem vorgeworfen wird, den IS und IS-nahe Kampfgruppen zu unterstützen.

Auch in anderen Konflikten werden deutsche Waffen eingesetzt. So belege Südkorea den vierten Platz auf der Skala. Das Land, das sich angeblich »vor dem kommunistischen Norden schützen« müsse, importierte laut Bericht vor allem Kampfschiffe, U-Boot-Teile, Raketen und -abwehrsysteme sowie Teile für Panzer, Hubschrauber und Flugzeuge im Gesamtwert von 205 Millionen Euro. Weitere wichtige Bestimmungsländer für deutsche Waffen waren Polen, Frankreich und der Irak.

Bereits 2015 war das Jahresvolumen deutscher Kriegsexporte um mehr als eine Milliarde auf knapp 7,9 Milliarden Euro gestiegen. SPD-Minister Gabriel wurde deshalb vielfach kritisiert. Da wundert es nicht, dass er eine geheim arbeitende Regierungskommission ins Leben gerufen hat, die mit Vertretern seines Wirtschaftsressorts besetzt sein und ein neues Rüstungsexportrecht erarbeiten soll, was vorige Woche bekanntgeworden war. Bereits bei ihrem ersten Treffen am 7. Oktober hatte sie nicht-öffentlich beraten. Einen Abschlussbericht soll es nicht geben.

Gabriel habe die größte Zunahme der Waffenexporte in der Geschichte der Bundesrepublik zu verantworten, kritisierte der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken. Hinzu komme, dass der Bericht keine Sammelausfuhrgenehmigungen berücksichtige. »Diese machen nochmal ein bis zwei Milliarden Euro aus.« Beunruhigend seien wachsende Exporte in die Türkei und nach Saudi-Arabien. Erstere riskiere derzeit im Irak eine militärische Eskalation. »Und Saudi-Arabien führt einen brutalen Krieg im Jemen«, so van Aken. Hier mache sich die Bundesregierung mitschuldig.

Susan Bonath


Nicht im Interesse Deutschlands

»Es liegt nicht im außen- und sicherheitspolitischen Interesse Deutschlands, die internationalen Bemühungen um eine Entspannung der Beziehungen zwischen dem Westen und dem Iran… durch eine weitere Aufrüstung Saudi-Arabiens zu konterkarieren.«
(Fachgruppe Rüstungsexporte der beiden großen Kirchen Deutschlands)


Offener Brief an Bundespräsident Joachim Gauck

Bitte um Verzicht auf den Großen Zapfenstreich

Oktober 2016

Sehr geehrter Herr Bundespräsident!

Im kommenden Jahr werden Sie aus Ihrem Amt verabschiedet. Als Mitglieder von seit vielen Jahren für den Frieden eintretende Gruppen möchten wir Sie bitten, bei Ihrer Verabschiedung auf den »Großen Zapfenstreich« der Bundeswehr zu verzichten. Der große Zapfenstreich wird immer wieder kritisiert als ein Ritual aus vordemokratischem Geist. Durch das »Helm ab zum Gebet«, das Abspielen des Tersteegen-Chorals und »Ruf nach dem Gebet« wird eine religiöse Praxis, das Beten, in den Rahmen von Befehl und Gehorsam eingepasst. An so prominenter Stelle darf nicht der Eindruck entstehen, in Deutschland seien Religion und Militär untrennbar miteinander verbunden. Obwohl unsere Armee eine Parlamentsarmee ist und jeder Einsatz vom Bundestag beschlossen werden muss, erfüllt dieses Ritual im Zusammenhang mit den sich immer stärker ausweitenden Militäreinsätzen der Bundeswehr viele Menschen mit Sorge. Letztlich knüpft das Ritual an unsere deutsch-nationale Vergangenheit an, diese konnte durch eine unkritische Religiosität gefestigt werden, die dann das NS-Regime stabilisieren half.

Als Sie kürzlich in Essen das Grab Gustav Heinemanns besuchten, würdigten Sie ihn als politisches Vorbild und großen Demokraten, der sich in seinem politischen Handeln stets von seinem Glauben und seinen Werten habe leiten lassen. Große Glaubwürdigkeit habe er sich erworben als Mitglied der Bekennenden Kirche in der Nazizeit sowie durch sein Eintreten gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands. Gustav Heinemann verzichtete bei seiner Verabschiedung als Bundespräsident ausdrücklich auf den Großen Zapfenstreich. Bitte folgen Sie auch in dieser Sache Ihrem Vorbild. Sie können damit ein Zeichen setzen für die Möglichkeit, Konflikte anders als militärisch zu lösen.

Wir wünschen uns einen Bundespräsidenten, der sich in seinem Amt grundsätzlich kritisch gegenüber unserer militaristisch-reaktionären Vergangenheit positioniert. Sie können bei Ihrem Abschied ein demokratisches Signal setzen, indem Sie wie Gustav Heinemann auf den großen Zapfenstreich verzichten.

Solidarische Kirche im Rheinland
c/o Rita Horstmann, Deutz-Mülheimer-Str. 199, 51063 Köln, soki.rheinland@arcor.de www.solidarischekirche.de


Den Hunger in der Welt in 15 Jahren besiegen

Das ist eins der Ziele, die in der Agenda 2030 Festgehalten sind: »Den Hunger beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.«